Warum Werte an der Wand nicht genügen – Ein Blick auf Haltung und Hebel im Change

Warum Werte an der Wand nicht genügen – Ein Blick auf Haltung und Hebel im Change

Haltung Werte Wandel

Werte und Wandel – klingt gut, oder? Doch was passiert, wenn die Werte an der Wand zwar stimmen, aber im Alltag nichts in Bewegung kommt? Wenn der Change ausgerufen wird, aber niemand sich mitgenommen fühlt?


Da hängen sie nun, die Worte: Vertrauen. Verantwortung. Miteinander. Partizipation. Offenheit. Vielleicht auf einer schicken PowerPoint-Folie. Vielleicht gedruckt und gerahmt im Flur. Bestenfalls gemeinsam mit dem Team erarbeitet. Und dennoch bleibt da dieses mulmige Gefühl, dass sich trotz all der Worte nichts verändern wird oder es nicht genügt, Werte zu formulieren. 

Gerade für dich als Führungskraft – mittendrin, vielleicht in der klassischen Sandwich-Position, zwischen Strategie und Realität – ist das oft ein frustrierender Moment. Du sollst Wandel gestalten, Entscheidungen mittragen, dein Team motivieren, während du Veränderungen umsetzen sollst, die du eher als verordnet erlebst. Und dann kommen da diese Werte. Schön. Richtig. Und doch: Wie können diese nun gelebt werden? 

Werte lassen sich nicht verordnen

Werte sind keine Projektziele. Sie sind kein neues Tool. Werte sind Haltung. Und Haltungen lassen sich nicht beschließen – sie müssen wachsen. Sie brauchen Räume zur Reflexion. Von Erfahrungen. Von Kommunikations- und Verhaltensweisen, manchmal Reibung. Auf diese Weise wird Haltung zum Verhalten und Werte können als Leitplanken für´s Handeln dienlich sein. 

Was oft übersehen wird: Menschen spüren ganz genau, ob Werte echt gemeint sind oder nur Teil der nächsten Change-Kampagne. Wenn du also merkst, dass dein Team mit Skepsis oder sogar Zynismus reagiert, ist das kein Widerstand gegen den Wandel – sondern ein feines Frühwarnsystem.

Es sagt: Wir glauben nicht an schöne Worte, solange die Wirklichkeit eine andere Sprache spricht.

Es geht nicht (nur) ums Verhalten – sondern um die Verhältnisse

Systemisch betrachtet ist Verhalten nie isoliert. Es entsteht im Kontext. In Strukturen. In Bedürfnissen und Erwartungen. Menschen passen sich an das an, was tatsächlich gilt – nicht an das, was an der Wand steht.

Wenn also zum Beispiel „Verantwortung“ einer der Werte ist, du aber als Führungskraft keine echten Entscheidungsräume bekommst, dann wird aus dem Wert schnell ein Widerspruch. 

Wenn „Vertrauen“ draufsteht, aber Kontrolle gelebt wird – was soll dein Team dann glauben?

Der Schlüssel liegt in den Verhältnissen. Verhältnisse schaffen Räume, in denen Werte lebbar werden – oder eben nicht. Somit wäre es ein guter Anfang zu schauen: Wie arbeiten wir miteinander? Was ist uns wichtig, was brauchen wir persönlich, um gut arbeiten zu können und was brauchen wir, um unsere Ziele zu erreichen? 

Und dennoch: Werte können ein Kompass im Wandel sein

Auch wenn es nicht genügt, sie an die Wand zu schreiben: Werte sind wichtig. Gerade in komplexen Veränderungsprozessen können sie dir als Führungskraft Halt und Orientierung geben. Manchmal sind sie auch die Sprache für das, was du innerlich längst fühlst, aber nicht ausdrücken konntest.

Wenn du Werte nicht als Vorschrift verstehst, sondern als Einladung zur Haltung, dann passiert etwas. Dann kannst du dich fragen:

  • Wie will ich führen, auch wenn ich nicht alles mitentscheiden kann?
  • Was bedeutet für mich „Verantwortung“, wenn ich nicht die Letztentscheidung habe?
  • Wie kann ich im Kleinen einen Unterschied machen – auch wenn das Große träge bleibt?

Diese Fragen führen dich weg von Betroffenheit hin zur Beteiligung und zum echten Gestalten von Veränderungsprozessen. Mit Klarheit und Bewusstheit wirst du zum/zur Protagonist:in, vielleicht sogar Agent:in des Wandels. 

Werte brauchen dein Zutun – nicht deine Zustimmung

Formulierte Werte, vielleicht sogar gemeinsam erarbeitete sagen Dir nicht, wie du zu sein hast. Sie bieten dir Leitplanken an. Für die Momente, in denen du zwischen den Stühlen sitzt. Für die Phasen, in denen Klarheit fehlt. Für mögliche Dilemmata in deiner Rolle. Die Werte wollen dich nicht zwingen – sie wollen dir dienen. Als Haltung, die du mit Leben füllen kannst. 

Worte sind nicht die Veränderung. Aber sie können ihr Anfang sein.

Werte an der Wand genügen nicht, um Wandel möglich zu machen. Aber wenn sie dich innerlich bewegen – und du daraus etwas Echtes machst, in deinem Führungsalltag, in deinem Team, in deinen Entscheidungen, dann können sie Hebel sein, der Veränderung bewirkt. Sie können Dein nützlicher innerer Kompass sein.

Impulsfragen – damit Werte zum Leben erweckt werden

Werte werden nicht dadurch lebendig, dass sie besprochen werden. Sondern dadurch, dass wir sie im Alltag berühren, uns an ihnen reiben, uns von ihnen leiten lassen – auch (und gerade) dann, wenn es unbequem wird. Fragen, die Dich dabei unterstützen können, Dein Verhalten, Deine Kommunikation an Deinen Werten auszurichten: 

  • Wo erlebe ich die formulierten Werte bereits in meinem Führungsalltag – ganz konkret, im Miteinander mit meinem Team?
  • An welchen Stellen spüre ich eine Lücke zwischen Anspruch (Wert) und gelebter Wirklichkeit? Und wie gehe ich damit um?
  • Was wäre ein kleiner, machbarer Schritt, um einen dieser Werte im Teamalltag sichtbarer oder erlebbarer zu machen?
  • Wie kann ich selbst Haltung zeigen – ohne perfekt zu sein, aber aufrichtig?
  • Was brauche ich, um die Werte nicht nur weiterzugeben, sondern selbst darin Halt zu finden?
  • Und wo darf ich auch mal laut sagen: Das passt (noch) nicht – und braucht Raum, um zu wachsen?

Diese Fragen haben keine schnellen Antworten. Sie sind ein Einstieg. Eine Anregung zur Selbstreflexion, ein Gesprächsbeginn – mit dir selbst, mit deinem Team, vielleicht auch mit Kolleg:innen und auch deinen Vorgesetzten – auf Augenhöhe. Mit Hilfe dieser Fragen kannst du beginnen, Deine Werte im Team auszuloten und darauf basierend, Dein Verhalten und Deine Kommunikation im Veränderungsprozess ausrichten.  

P.S.: Ich habe Dir ein PDF mit den Impulsfragen erstellt, so dass du dieses als Erinnerungsanker im Alltag für Dich nutzen kannst. Möchtest du Deinen individuellen Werte-Kompass näher erkunden, könnte evt. mein Online-Kurs bei Sinnsucher für Dich interessant sein. Bei Fragen oder Unterstützungsbedarf zu „Werte und Wandel“ sende mir gern eine Nachricht

Geschrieben von:

Sandra Brauer

Sandra Brauer, Diplom-Kauffrau (FH), Systemische Beraterin (DGSF-zertifiziert), Stressmanagement-Trainerin, Prozessbegleiterin in der digitalen Transformation, Lehrauftrag an der FOM Hochschule Hamburg; Gründerin des Systemischen Netzwerks, Autorin im Junfermann Verlag. Schwerpunkte: Coaching von Einzelpersonen und Teams, Vermittlung digitaler Kompetenzen weitere Websiten: https://systemischesnetzwerk.de

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