Mindfulness | Agilität | Systemik in der Arbeitswelt
Ein Buzzword folgt dem nächsten könnte man meinen. Schaut man jedoch hinter die Konzepte, erkennt man viele ähnliche Ansätze. Eine menschliche Haltung eint meiner Meinung nach das achtsame, systemische und agile Denken und Handeln. Es geht um die Befähigung von Menschen und Teams, die Stärkung, Ressourcen- und Kompetenzaktivierung sowie die Ziel- und Lösungsfokussierung. Daher bin ich ein großer Fan, dieser Art zu arbeiten und kann nur jedem Team, jeder Abteilung, jedem Unternehmen empfehlen, sich mit diesen Ansätzen der Zusammenarbeit zu beschäftigen und zumindest Teile daraus in den Arbeitsalltag zu integrieren. Und um dem Ganzen noch ein kleines i-Tüpfelchen drauf zu setzen, nicht nur in den Arbeitsalltag, sondern vieles davon ist hervorragend nutzbar, um zu mehr Gelassenheit und Zufriedenheit und damit stabiler Gesundheit zu gelangen.
Was verbirgt sich nun hinter den einzelnen Schlagworten?
Mindfulness
Achtsamkeit bedeutet, eine Situation im sogenannten Hier und Jetzt wahrzunehmen. Verhältst du Dich achtsam, richtest du Deine vollständige Aufmerksamkeit in vorurteilsfreier und akzeptierender Weise auf eine Erfahrung, die du im gegenwärtigen Moment erlebst. Stell Dir mal vor, was möglich wäre, wenn wir in der Arbeitswelt unser Handeln danach ausrichten? SAP praktiziert dieses bereits seit einigen Jahren. Ich bin eine absolute Freundin davon, zu prüfen, welche Methoden für das jeweilige Unternehmen geeignet sind. Gewiss kann man Meetings oder Veranstaltungen mit einer Mini-Sequenz Stille oder Atemmeditation beginnen. Es könnte aber auch das achtsame Verhalten sein, was einige Gruppen besonders unterstützen könnte, um noch besser zusammenzuarbeiten. In Konfliktsituationen zum Beispiel. Aus der Gewaltfreien Kommunikation kann man sich des Schemas bedienen, erst Situationen inklusive der aufkommenden Emotionen aller Parteien wahrzunehmen. Das Ganze gepaart mit Empathiefähigkeit und aktivem Zuhören (Grüße und dankeschön an dieser Stelle an Friedemann Schulz von Thun für seine Bücher „Miteinander reden 1-3“). Sehr hilfreich übrigens auch bei der Beantwortung von E-Mails.
Zudem sind Methoden der Achtsamkeit hervorragend nutzbar als Entschleunigungsinstrument. Innehalten, insbesondere dann, wenn es zunehmend hektisch wird, auf den Atem fokussieren, kleine Pausen einbauen und ein wenig dem Gedanken folgen: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam.“ Das alles jedoch ist nur möglich, wenn eine Veränderung gewünscht ist und achtsames Verhalten regelmäßig erprobt wird, um daraus eine neue Routine entstehen zu lassen.
Agilität
Für mich sind wesentliche Kernelement agilen Denkens und Handelns folgende. (Nachzulesen auf Digitaler Neuordnung.)
- auf Überraschungen während des Produktentwicklungsprozess gefasst sein. Durch die Art der Zusammenarbeit auf diese reagieren können.
- den nächsten kleinen Schritt umsetzen, ohne das große Ziel aus den Augen zu verlieren.
- gemeinsam als Team immer besser werden, exzellente Ergebnisse produzieren
- Ausrichten der Aktivitäten an den Kundenwünschen
- Menschen befähigen, Motivation steigern; Teamreflektionen standardmäßig erleben
- Kommunikation zwischen allen Beteiligten fördern
Für mich hat diese Art der Zusammenarbeit schon sehr viel mit achtsamer Haltung zu tun. Wir schauen im Hier und Jetzt, was der Kunde benötigt, welche Anforderungen sich verändert haben. Zudem hält ein Team regelmäßig inne, um die Zusammenarbeit zu beleuchten. Ein kleiner Zwischenstopp wird eingelegt und gefragt „wie ist es denn gerade so?“. Ein kleiner Blick zurück, sehr bewusst, dann der Blick nach vorn. Akzeptanz von gemachten Fehlern führt dazu, dass kein „Problembad“ genommen wird, sondern eher Mut und Lernbereitschaft gefördert werden.
Systemik
Handelt eine Organisation, ein Team, eine einzelne Person systemisch, sind folgende Verhaltensweise und ist folgende Haltung erkennbar
- Lösungsfokus. Ein vorliegendes Problem wird als Lösungsversuch anerkannt. Klient und Berater versuchen aus diesem zu lernen und alternative Wege für die Zukunft zu entwickeln.
- Klient als Experte für seine Lösung, das heißt Berater und Klient kooperieren und arbeiten auf Augenhöhe miteinander
- Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes
- Selbstwirksamkeit des Klienten stärken
Die Zusammenarbeit aller Beteiligten verläuft respektvoll, wertschätzend, auf Augenhöhe und unvoreingenommen.
Resümee
Was mir gerade auffällt ist, dass ich ein wenig betrübt werde, wenn ich diese Ansätze beschreibe. Warum muss man überhaupt darüber ins Gespräch kommen? Wenn man alle Ansätze miteinander vergleicht, sind es menschliche Werte und Verhaltensweisen, die auch in der Arbeitswelt existieren dürfen, die hier beschrieben werden. Leider habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass diese Werte nicht gelebt werden. Vielleicht ist das auch der typische Effekt, dass über negative Erfahrungen eher berichtet wird als über Positive. Man möge mich bitte kontaktieren, wenn ich zu schwarz oder auch zu grau sehe oder zu vielen Statistiken Glauben geschenkt habe.
Selbst erlebt habe ich oder häufig wurde mir berichtet von
- gelebtem pathologischen Narzissmus (gern in Führung),
- Autorität, die eigenbestimmtes Handeln und damit vielleicht auch Motivation, Initiative und Kreativität im Zaum hält oder nicht zulässt
- fehlendes Vertrauen, welches durch Kontrolle ersetzt wird,
- Druck, der ausgeübt wird und damit häufig einhergehend Angst, die verursacht wird,
- Geringschätzung und damit fehlende Wertschätzung
- holprige Kommunikation, wenig Offenheit und ehrliches Feedback untereinander
Alles Eigenschaften und Verhaltensweisen, die es vielen Menschen in dem jeweiligen Umfeld unmöglich macht, einen guten Job zu machen oder zufrieden zu arbeiten. Häufig Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit. Als Systemikerin versuche ich sämtlichen Verhaltensweisen eine gute Absicht zu unterstellen. Auch derjenige, der Kontrolle ausübt zum Beispiel, hat einen guten Grund dafür. Meistens hängt dieses mit der Emotion „Angst“ zusammen. Aus der GfK (Gewaltfreien Kommunikation) abgeschaut, könnte man eine Kette erstellen: Kontrolle ist das wahrgenommene Verhalten. Die Emotion, die sich dahinter verbirgt, könnte zum Beispiel Angst sein. Hinter dieser steckt ein gewisses Bedürfnis, dem die Person in dem jeweiligen Moment versucht, nachzukommen. Wäre es nicht hilfreich, sich diesen Verhaltensweisen ein wenig mehr zu widmen, um sie möglicherweise – in der schönen neuen Welt – verabschieden und durch neue Verhaltensweisen ersetzen zu können? Die Grundlage diese zu etablieren, wäre somit einerseits die systemische Haltung gepaart mit Achtsamkeit zur Schulung der Wahrnehmung plus Methoden aus dem agilen Arbeiten wie zum Beispiel der Retrospektive aus dem Scrum, in der standardmäßig auch über das Miteinander und Konfliktfälle gesprochen werden kann.
Genau dieses Beispiel ist für mich genau ein solches, welches zeigt, wieviel Sinn es macht, „Mindfulness | Agilität | Systemik in der Arbeitswelt“ miteinander zu kombinieren. Der Anfang wiederum von allem ist jedoch die Bereitschaft zur Veränderung. Die beteiligten oder auch betroffenen Personen müssen es – was auch immer genau „es“ ist – wollen. „Veränderungen möglich machen“ heißt meistens zunächst Abschied nehmen vom Alten, trainieren neuer Gewohnheiten und durchhalten auf dem Weg in die neue Welt. Und das Ganze könnte so viel Gutes bewirken. Ich bin der festen Überzeugung, dass dadurch nicht nur die Zufriedenheit in den Unternehmen steigt, sondern die Fehlzeitenquote reduziert werden und die Produktivität gesteigert werden kann. Der Film „Die Stille Revolution“ zeigt dies. Also auf geht´s. Fangen wir an und implementieren wir mehr Menschlichkeit in der Arbeitswelt.
Herzliche Grüße, Sandra
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